For Sama Grossbritannien, USA 2019 – 95min.

Filmkritik

Überleben zwischen Leben und Tod

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Eine Stadt geht unter: Aleppo protestierte 2012 gegen das Assad-Regime, wird belagert, zerbombt, die Bevölkerung zum Exodus gezwungen. Die Syrerin Waad al-Kateab hat diesen Akt der Gewalt und Zerstörung mit der Kamera eindrücklich dokumentiert – als Vermächtnis für ihre Tochter Sama.

Aleppo war einst die zweitgrösste Stadt Syriens und zählte 2010 rund 2,5 Millionen Einwohner. Sie war wichtiger strategischer Handelspunkt zwischen Mittelmeer und Euphrat. Im Jahr 2012 protestieren Abertausende gegen das Regime des Bashar El-Assad und forderten Freiheit. Der Diktator antwortete militärisch auf die Aufständischen, liess die Stadt belagern und mit Hilfe ausländischer Verbündeter bombardieren. Die syrischen Kräfte zwangen die überlebenden Zivilisten 2016, Aleppo zu verlassen – eine Stadt, die Ruine und Massengrab geworden war.

Die junge Frau Waad al-Kateab studierte in Aleppo, lernte den Arzt Hamza kennen. Sie heirateten und bekamen Tochter Sama. Bei den ersten Protesten 2011 in Aleppo war Waad hautnah dabei. Sie wurde zur Bürgerjournalistin und Aktivistin, hielt Demos und nachfolgende Geschehnisse mit dem Handy fest. Der Widerstand gegen das tyrannische Assad-Regime manifestierte sich. Das Militär rückte vor, die Stadt wurde eingekesselt, Widerstandskämpfer hielten stand. Und mittendrin die Syrerin Waad, Mutter, Beobachterin und Filmerin in ihrem Stadtviertel.

Sie und ihr Mann, einer von 32 Ärzten in Aleppo, harrten aus. Ein Spital wurde bombardiert, man behalf sich, so gut es ging. Zivilisten starben, Frauen, Kinder, junge und alte Männer. Die Nöte, die Ängste, das Zusammenstehen, Helfen und Hoffen – das hielt Waad al-Kateab fest. Ab Januar 2016 übermittelte sie ihre Aufnahmen an den britischen Fernsehkanal Channel 4 News. Die Bilder und Berichte unter dem Titel «Inside Aleppo» rüttelten auf.

Im Dezember 2016 – Töchterchen Sama war just ein Jahr alt – mussten die Rebellen kapitulieren. Die überlebenden Zivilisten wurden evakuiert. Waad und ihre Familie mussten ebenfalls die Ruinen verlassen – mit dem gesamten Filmmaterial. Sie leben seither in London. Aleppo und die Ereignisse seien nicht nur Geschichte, sondern Teil ihres Lebens geworden, meint Waad al-Kateab. Sie wollte mit den filmischen Briefen nicht nur ihrer Tochter ein Vermächtnis schaffen, sondern auch die Verbrechen der Staatsmacht aufzuzeigen, damit sie nicht vergessen werden.

Co-Regisseur Edwards Watts half, die Wahrheit zu dokumentieren – am Beispiel der Schicksale von Waad, ihrer Familien, vieler Betroffenen und Opfern des Assad-Regimes. Der Dokumentarreport For Sama schildert nicht nur beeindruckend das Leiden der Bevölkerung in Aleppo, sondern ist auch Mahnung und Appell gegen Willkür und Staatsgewalt gegen Zivilisten. Erschütternd und denkwürdig.

09.10.2019

4

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Kommentare

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ugolinoo

vor 5 Jahren

Der eindrücklichste Film ever, ein Muss!


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