Auf dem Weg zur Schule Brasilien, China, Frankreich, Südafrika 2012 – 100min.

Filmkritik

Schule um jeden Preis

Andrea Lüthi
Filmkritik: Andrea Lüthi

Kilometerlang durchs Gebirge, vorbei an wilden Elefanten - zu Pferd, im Rollstuhl oder zu Fuss: Der französische Regisseur Pascal Plisson begleitet in seinem Dokumentarfilm vier Kinder auf ihrem Schulweg.

Der kenianische Junge Jackson und seine Schwester legen jeden Tag 15 Kilometer zu Fuss zurück. Unterwegs müssen sie sich nicht nur vor Banditen in Acht nehmen, sondern auch wilden Elefantenherden ausweichen - jedes Jahr wird rund ein Dutzend Schulkinder von Elefanten getötet. Carlito aus Argentinien kommt rascher voran. Er ist zu Pferd unterwegs, hinter sich auf dem Sattel die kleine Schwester. Mit dem trittsicheren Tier lässt sich auch schwieriges Gelände meistern. Dieses wiederum ist für den Inder Samuel und seine beiden Brüder eine grosse Herausforderung. Samuel kann wegen der Kinderlähmung nicht gehen, und so schleppen ihn die Brüder jeden Tag im selbstgebastelten Rollstuhl durch Sand und Flüsse zur Schule. Und schliesslich ist da noch Zahira, ein marokkanisches Mädchen, das mit ihren Freundinnen jede Woche vier Stunden durchs Gebirge marschiert, um zur Schule zu gelangen. Wenn sie Glück haben, kommen sie per Anhalter weiter.

Die porträtierten Kinder kümmern sich fürsorglich um Geschwister und Freundinnen: Einerseits geben sie ihre Erfahrungen weiter, damit die Jüngeren lernen, den Weg allein zurückzulegen, anderseits gelingen die beschwerlichen Wege oft nur durch gegenseitige Hilfe. Sie alle sind bereit, Gefahren und Anstrengungen auf sich zu nehmen, immer im Wissen, was ihnen Bildung bringt - ihre Zukunftswünsche formulieren sie denn auch ohne Zögern.

Plisson hat auf einen Off-Kommentar verzichtet und damit auch auf erklärende Kommentare zu Leben und Situation der Kinder, die er mithilfe von UNESCO und Aide et Action fand. Die Kinder hatten nie zuvor eine Kamera gesehen, trotzdem wirkt es meist natürlich, wenn sie erzählen. Es gibt allerdings auch Szenen, die provoziert und damit gestellt erscheinen. So eröffnen sowohl Zahiras als auch Jacksons Vater ihren Kindern, dass sie morgen zur Schule gehen werden, als handle es sich um deren ersten Schultag. Und wenn Zahira ihre Grossmutter befragt, ob sie zur Schule gegangen sei, wirkt das als Vorwand, den Zuschauern mehr über das frühere Leben zu vermitteln. Besonders wenn sie aber ihren Alltagshandlungen nachgehen, bewegen sich die Kinder mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit. Die spontanen Momente sind denn auch die berührendsten und schönsten des Films.

Plisson hat mit dem Thema Schulweg eine aussergewöhnliche Perspektive gewählt, um vier Kinder zu porträtieren. Dramaturgisch geschickt montiert, macht er die Schulwege auch für die Zuschauer zu einem spannungsgeladenen Erlebnis. Die Reise mit ihren spektakulären Momenten sowie atemberaubende Landschaftsaufnahmen dominieren den Film, dennoch ist er auch ein Plädoyer für Bildung: In einer Zeit, wo Weiterbildungen und Diplome gesammelt werden, tut ein Blick gut in Länder, wo selbst eine Grundausbildung nicht die Regel ist, aber bereits hilft, ein besseres Leben zu führen.

31.05.2021

4

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Kommentare

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Patrick

vor 9 Jahren

Der Film ist besonders wertvoll, und durch die famose Kameraarbeit ist man als Zuschauer mittendrin. One The Way To School ist ein DVD-Tip für alle die besondere Filme mögen.


verenapf

vor 10 Jahren

Ist mal was anderes


Rockabilly_ZH

vor 10 Jahren

Insider-Tipp. Sehr tiefgründig und ergreifend. Regt zum Nachdenken an.


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