Das Lied in mir Argentinien, Deutschland 2010 – 95min.

Filmkritik

Eine Reise zur eigenen Identität

Dimitrios Athanassiou
Filmkritik: Dimitrios Athanassiou

Diktaturen produzieren unzählige Waisen. Regimegegner verschwinden, ihre Kinder bleiben alleine und verlassen zurück. Jene, die adoptiert werden, haben Glück. Es sei denn, die Erinnerungen kehren eines Tages mit aller Macht zurück.

Die Leistungsschwimmerin Maria (Jessica Schwarz) befindet sich auf der Reise von Deutschland zu einem Wettkampf nach Chile. Im Buenos Aires muss sie einen Zwischenstopp einlegen. Während sie im Flughafenwartesaal auf ihren Anschlussflug wartet, hört sie, wie eine Mutter ihrem Kind ein Wiegenlied vorsingt. Die Melodie rührt sie merkwürdig an, und plötzlich überrumpeln sie Gefühlswallungen, die sie überhaupt nicht beherrschen kann. Unter Weinkrämpfen bricht sie auf der Flughafentoilette zusammen. Ihren Flieger verpasst sie, das kümmert sie aber nicht weiter. Maria will unbedingt wissen, warum das in ihr ausgelöst wurde.

Sie checkt in einem Hotel in Buenos Aires ein und informiert ihrem Vater Anton (Michael Gwisdek) telefonisch über ihren Aufenthalt. Bevor sie mit Nachforschungen beginnen kann, muss sie sich erst mal mit den argentinischen Behörden auseinandersetzen, da ihr der Pass gestohlen wurde. Dabei lernt sie auch einen Polizisten näher kennen, der gut Deutsch spricht. Die diffusen Bilder und Assoziationen in ihrem Kopf, die diese Melodie weckte, wollen allerdings nicht mehr weichen. Trotz Nachforschungen wird das Geheimnis aber erst enträtselt, als ihr Vater aus Deutschland einfliegt und ihr eine Enthüllung über ihre Vergangenheit macht.

Konfus driftet die Handlung vor sich hin. Eine ordentlich Einführung der Hauptfigur fehlt: Mehr, als dass sie 30 Jahre alt, Leistungs-Schwimmerin ist und einen Vater hat, wird an Information nicht offengelegt. So darf der Zuschauer über das Irrlichtern von Maria ebenso verblüfft sein, wie sie selber. Dafür wird anschließend, als das Geheimnis gelüftet wird, prompt der Schalter umgelegt und ein Vater-Tochter-Konflikt zelebriert, der in seiner extremen Vehemenz zu gewollt und zu konstruiert wirkt. Jessica Schwarz und Michael Gwisdeck mühen sich, dem Ganzen einen Anstrich von Glaubwürdigkeit zu verleihen, nur will das nicht immer gelingen.

Rückblickend versucht Das Lied in mir die Geschehnisse aus der Zeit der argentinischen Militärdiktatur, die bis 1982 das Land beherrschte, aufzuarbeiten. Mehr als an der Oberfläche wird insgesamt aber nicht gekratzt. Zu elegisch wird das Psychodrama um Vater und Tochter und das Ringen um die eigene Identität ausgewalzt; wobei die Protagonistin zuweilen die Persona ihrer Hauptfigur durch spätpubertäres Theater ad absurdum führt. Am schönsten sind ohnehin die atmosphärisch dichten Streiflichter des eingefangenen Lokalkolorits.

13.05.2024

2

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Kommentare

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Patrick

vor 9 Jahren

Die Darsteller: Jessica Schwarz&Michael Gwisdek sowie der Filmemacher: Florian Micoud Cossen (Coconut Hero) erzählen die Story glaubwürdig und prägend.


1234jopy

vor 9 Jahren

Gute Story, gute Schauspieler.


isbelle

vor 13 Jahren

Eindrucksvoll


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