Tocar el cielo Argentinien, Spanien 2007 – 109min.

Filmkritik

Transatlantischer Familienknatsch

Filmkritik: Eduard Ulrich

Seine Verwandtschaft kann man sich nicht aussuchen, und trotzdem muss man irgendwie den Rank finden. Diese schmerzhafte Wahrheit führt Marcos Carnevale an einer mit sich im Dauer-Clinch liegenden Sippe etwas umständlich vor.

Eigentlich sind die verwandtschaftlichen Beziehungen einfach: Die Ahnin der Sippe ist eine über 70jährige Witwe, die zusammen mit ihrem etwa 35jährigen Enkel feudal in Buenos Aires residiert. Dieser Enkel hat früh seine Eltern verloren und wurde teilweise von seiner Grossmutter, ebendieser Ahnin, aufgezogen. Er geniesst Privilegien, pflegt den Lebensstil eines Don Juans und den Beruf "Enkel", was seine Grossmutter nicht goutiert, demonstriert er ihr doch täglich ihr erzieherisches Versagen.

Auch ihr letzter noch lebender direkter Nachkomme, ein Sohn um die 50, wirkt missraten: Ein längst geschiedener Chaot, der mit seinem Sohn (Mitte 20), also dem anderen Enkel der Ahnin, in Madrid von ihrem Geld lebt, aber im doppelten Sinn den Zugang zu ihm verloren hat: Sie können nicht normal miteinander sprechen, und das Zimmer des Sohns ist gegen den Zutritt des Vaters gesichert. Anlässlich eines Krankheitsfalls kommt der argentinische Teil der Familie nach Madrid, und erwartungsgemäss kochen die Konflikte nun so richtig hoch. Wenigstens können einige Missverständnisse aufgeklärt und lang gehütete Geheimnisse gelüftet werden, so dass dem gegenseitigen Verstehen und Aussöhnen der Weg geebnet wird.

Leider ist dem Verstehen des Publikums eher der Umweg geebnet, denn banale Informationen über die familiären Beziehungen und die Vergangenheit werden nur peu à peu verabreicht, ohne dass dadurch eine weitere Ebene der Spannung entstünde, die über einfache Fragen wie beispielsweise "Vetter oder Onkel?" hinausginge. Viele wenig plausible Nebenhandlungen und platte laienpsychologische Erklärungsmuster lassen die Konstruktion gleichzeitig überladen und einfach gestrickt erscheinen.

Die SchauspielerInnen gehen zwar beherzt zur Sache, können aber in vielen Szenen wegen unstimmiger Details und allzu klischierter Wendungen, wie beispielsweise die im Leben eines Schürzenjägers typischen Kollisionen paralleler Freundinen, nicht überzeugen. So ist es wohl symptomatisch, dass mich nur eine kurze Szene aus einer der Nebenhandlungen berührt hat. Um mit einer ebenfalls abgegriffenen Wendung zu reagieren: Weniger wäre hier eindeutig mehr gewesen.

13.05.2008

3

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