The Princess of Nebraska Japan, USA 2007 – 77min.

Filmkritik

Schwierige Entscheidungsfindung

Filmkritik: Andrea Bruggmann

24 Stunden im Leben einer jungen Chinesin in Amerika, die vor der Entscheidung steht, ob sie abtreiben soll oder nicht: Mit dem atmosphärisch dichten Drama kehrt Wayne Wang zum Independent-Kino zurück. "A Thousand Years of Good Prayers" bildet zusammen mit "The Princess of Nebraska" ein filmisches Ensemble.

Die 18-jährige Chinesin Sasha (Li Ling) unterbricht ihr erstes Studienjahr in Nebraska und kommt nach San Francisco, um eine Abtreibung vornehmen zu lassen. In ihrer Heimatstadt Beijing hatte sie Yang kennen gelernt und wurde nach einem One-Night-Stand von ihm schwanger. Vor ihrem Termin in der Klinik bleiben Sasha nur wenige Stunden. In San Francisco trifft sie auf Boshen, den ehemaligen Geliebten des Vaters ihres ungeborenen Kindes. Danach lässt Sasha sich durch das nächtliche Chinatown treiben und lernt die Prostituierte X kennen. Sie wirkt verloren, orientierungslos; nicht nur weil sie sich scheinbar ziellos durch die Stadt und das Nachtleben bewegt, sondern immer mehr auch in Bezug auf die Entscheidung, ihre Schwangerschaft abzubrechen.

Vieles wird hier offen gelassen, nur angedeutet oder ganz umgangen. So werden bei einer Dinner-Party Themen wie die Ein-Kind-Politik Chinas und der Mangel an Frauen, der durch sie entsteht, kurz angesprochen, jedoch weder bewertet noch kommentiert. Auch der Vater des Kindes, der in Beijing lebt, wird nie gezeigt. Nur aus Sashas Perspektive erfährt der Zuschauer, wie er und Sasha sich kennengelernt haben. Wayne Wang interessiert sich für das, was nicht da ist: Oft ist die Kamera ausschliesslich auf Sasha gerichtet; was sich um sie herum ereignet wird nicht eingefangen. Wangs Spiel mit Sashas Blick zeigt sich auch, wenn Sasha sich mit ihrem Handy selbst filmt. Die junge Frau scheint dieses Medium zu brauchen, um sich selbst wahrnehmen zu können.

Gefilmt mit einer kleinen Digitalkamera ist ein ruhiger, subtiler Film entstanden, der die Entscheidungsfindung der jungen Sasha dokumentiert. Viele Nahaufnahmen und der starke Fokus auf die junge Frau, die Konzentration auf ihre Perspektive der Ereignisse und die kurze Zeitspanne, in welcher der Zuschauer Sasha begleitet, machen "The Princess of Nebraska" zu einem intensiven Kinoerlebnis - mit einigen Längen zwar, aber mit einer hervorragenden, sehr ausdrucksstarken Hauptdarstellerin.

Mit dieser Low-Budget-Produktion wendet sich Wang nach einigen Mainstream-Filmen, wieder dem Independent-Kino zu. Wie "Smoke" mit "Blue in the Face" verbindet Wang auch "The Princess of Nebraska" mit einem zweiten Film zu einem Ensemble: in "A Thousand Years of Good Prayers" besucht ein verwitweter, älterer Chinese nach Jahren der Trennung seine Tochter in den USA, um ihr nach deren Scheidung beizustehen. Beide Filme beleuchten das Leben chinesischer Einwanderer in Amerika, Kulturkontraste und den Wandel, weg von den moralischen und religiösen Vorbildern des alten China, hin zu modernen, westlich orientierten Werten.

07.08.2008

3

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