Talk to Me USA 2007 – 118min.

Filmkritik

It's a black man's world

Patrick Heidmann
Filmkritik: Patrick Heidmann

Es ist keine erfreuliche, aber doch schlichte Erkenntnis: schwarzes Kino funktioniert in Westeuropa - und zumal im deutschsprachigen Raum - nicht wirklich.

Ohne groß in Diskussionen einzutauchen, wie vage der Begriff "schwarzes Kino" eigentlich ist und ob man es rassistisch deuten muss, wenn Denzel Washington bei uns weniger Zuschauer ins Kino lockt als in den USA, lässt sich an der Tatsache kaum rütteln. Filme mit überwiegend schwarzen Hauptdarstellern sind hierzulande meistens vorprogrammierte Flops und kommen deswegen oft gar nicht erst ins Kino. Insofern ist "Talk To Me", der selbst in den USA nicht unbedingt die Massen vor die Leinwand lockte, eine Ausnahme, der man jeden Erfolg wünscht.

"This is a man's world" singt James Brown schon im Vorspann, doch zum Leben erweckt hat sie die Regisseurin Kasi Lemmons, deren hervorragendes Debüt "Eve's Bayou" bei uns noch nicht einmal auf DVD erhältlich ist. In "Talk To Me" erzählt sie ein Stück schwarzer Geschichte, ausgehend vom wahren Leben des Radio-DJs Ralph Waldo "Petey" Greene (Don Cheadle).

Auf den ersten Blick ist der Film ein klassisches Biopic über den mühsamen Aufstieg eines Außenseiters und den Gefahren des Erfolgs. Greene sitzt im Gefängnis und legt dort Platten auf, als Dewey Hughes (Chiwetel Ejiofor) ihn entdeckt. Der Programmdirektor des Senders WOL stellt ihm leichtfertig einen Job in Aussicht und ahnt erst, worauf er sich eingelassen hat, als Greene bald auf freiem Fuß ist und in seinem Büro steht.

Doch tatsächlich sorgt der meinungsstarke, bürgernahe und spontane Mann mit der frechen Schnauze bald für gute Hörerquoten, und seine ebenso emotionale wie kluge Reaktion auf die Ermordung Martin Luther Kings und den darauf folgenden Unruhen lässt ihn zu einem echten Radiostar werden. Je ehrgeiziger Hughes allerdings die Karriere seines Freundes plant, desto mehr bringt der Alkohol dessen selbstzerstörerische Seite zum Vorschein.

Es ist ein spannendes Leben, das Lemmons sich in "Talk To Me" vorgenommen hat, doch natürlich ist es das Drumherum, das die Geschichte wirklich außergewöhnlich macht. In detaillierten, liebevollen Bildern, Kostümen und Kulissen rekonstruiert die Regisseurin die Sechziger und Siebziger Jahre und nutzt die persönlichen Erfahrungen ihres Protagonisten, um vom Beginn der Bürgerrechtsbewegung, Rassismus und einer komplizierten Männerfreundschaft zu erzählen.

Doch nicht nur die Themen, die temporeiche Inszenierung und die fantastische und sehr präsente Soulmusik machen das humorvolle Drama sehenswert. Es sind vor allem die Darsteller, die "Talk To Me" zu einem großen Kinoerlebnis werden lassen. Don Cheadle ("Hotel Ruanda") und Chiwetel Ejiofor ("Kinky Boots") beweisen - unterstützt u.a. von Martin Sheen und Taraji P. Henson - wieder einmal, dass sie zu den besten Schauspielern gehören, die Hollywood momentan zu bieten hat. Nicht zuletzt ihretwegen wird es Zeit, dass Europa dem schwarzen Kino endlich ein wenig mehr Aufmerksamkeit schenkt.

05.02.2008

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