Näkkälä Schweiz 2005 – 88min.
Filmkritik
Der alte Mann und die Samen
Zwei Männer, Rentierherden und die finnische Tundra: Seit 20 Jahren lebt der 85jährigen Emmentaler Hans Ulrich Schwaar monatelang mit den Samen, bei seinem Freund Iisakki-Mathias Syväjärvi, Hirt und Beisitzer einer Rentierherde. Dem Berner ist Lappland zur zweiten Heimat geworden. Ein Dokumentarfilm über Freundschaft, Samen-Alltag, Naturverbundenheit und Tiere.
Wenn er bedächtig seinen Koffer in Langnau im Emmental packt, geht es nicht auf irgendeine Reise, sondern in seine zweite Heimat, ins finnische Samenland. Hier hat der ehemalige Lehrer, Langstrecken- und Orientierungsläufer Hans Ulrich Schwaar (85) seine Bestimmung gefunden. "Dort kann ich mich mehr entfalten und habe mehr Freiheit", meint Schwaar, ein intimer Kenner der Samen, den Ureinwohnern des nördlichen Skandinaviens. Der Emmentaler spricht ihre Sprache, ist seit über 20 Jahren mit den Samen verbunden, die fälschlicherweise meistens Lappen genannt werden. Über ein Dutzend Bücher hat über die Menschen, ihr Leben und ihre Heimat verfasst.
Es ist mal wieder soweit: Hans Ulrich Schwaar reist für Monate nach Näkkälä, eine samischen Ortschaft in der Tundra nahe der norwegischen Grenze. Hier ist er heimisch geworden, hier hat er Freundschaft mit dem 60jährigen Samen Iisakki-Matias Syväjärvi geschlossen, Besitzer der grössten Rentierherde in der Gegend. Knorrig, kernig - er ist ein Same aus altem Holz, genugsam, und schweigsam. Er ist eine Art Lehrmeister für die Jungen und Schwaar, tief verwurzelt in seiner Heimat. Der Junggeselle verlangt auch mal von seinem Schweizer Freund einen Cognac (keinen Whisky!) zum Kaffee. Er hat ohne viel Federlesen seinen Wohngefährten Hans Ulrich akzeptiert.
Filmer und Kameramann Peter Ramseier machte vor gut zehn Jahren mit den Samen Bekanntschaft. Er sammelte Informationen über die Ureinwohner Nordskandinaviens und stiess dabei auf die Bücher des Emmentalers Hans Ulrich Schwaar. Und so reifte die Idee zu einem Dokumentarfilm über zwei Männer, ihren Alltag, über Lappland, Natur und Tiere. Es entstand ein stimmiges, bildstarkes, menschelndes Dokument über Freundschaft, Gegensätze und Harmonie, Tradition und Moderne. Dabei steht das genügsame Leben am Polarkreis im krassen Gegensatz zum Einsatz von Motorschlitten oder dem Gebrauch von Satellitenschüsseln.
Die Bilder quer durch die Jahreszeiten vom Samenalltag, von Rentieren und Naturerscheinungen, von Einsamkeit und Geselligkeit sprechen für sich und sind darin mit den Samen seelenverwandt: Auch wenn die Samen schweigen, haben sie etwas zu sagen. Ramseiers stilles, aber eindrückliches Menschen- und Kulturbild über den alten Mann aus dem Emmental, der in Lappland eine zweite Heimat fand und seinen Freunden, den Samen, wirkt wie ein Ruhepol, eine Oase der Einkehr, der Natürlichkeit und Naturverbundenheit. Musikalisch wird diese Reise zur Ursprünglichkeit des Lebens untermalt durch die schwermütigen Lieder und Melodien der samischen Musiker Mari Boine Persen und Johan Sara Junior.
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Kommentare
Obwohl er etwas handgestrickt daherkommt, ist dieser Film ein schöner Einblick in einen uns fremden Alltag. Man muss ihn einfach liebhaben, den bärbeissigen Samen, auch wenn er nicht leicht im Nehmen ist...
Eindrücklich auch die Landschaft - obwohl man sich das Leben in diesem Klima im geheizten Kinosaal und kuschligen Kinofauteuil nicht wirklich plastisch vorstellen kann.… Mehr anzeigen
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