The Hollow Man Deutschland, USA 2000 – 112min.

Filmkritik

Sehen und nicht gesehen werden

Filmkritik: Martin Glauser

Der Unsichtbare ist zurück: als Wissenschaftler mit einer Neigung zum Bösen und dem Mut zum Selbstversuch. Paul Verhoevens Neufassung des klassischen Motivs ist gewiss nicht sein bester amerikanischer Film geworden, doch es ist immer noch ein Verhoeven-Film, und die Effekte sind gut.

Die Geschichte ist auch nicht so schlecht, wie manche behaupten, wenigstens am Anfang. Was Sebastian Cane (Kevin Bacon) nämlich eingangs vor dem nächtlichen Monitor entdeckt, ist nicht etwa die langgesuchte Formel für die Unsichtbarkeit, sondern das Gegenteil. Anderntags im unterirdischen Hightechlabor sehen wir, dass dort schon längst ein kleiner Zoo von unsichtbar gemachten Versuchstieren ihrer Rückführung in die Welt des Sichtbaren harrt. Der Doktor hat die "Umkehrformel" gefunden. Das Serum wird unverzüglich an ein paar Hektolitern Luft ausprobiert, die sich innert Minuten, Schicht um Schicht, zu einem Gorilla materialisiert.

Gleich sehen wir die spektakulären Spezialeffekte in umgekehrter Chronologie. Denn für den Selbstversuch mag Cane nicht warten, bis ihm die obersten Verantwortlichen des Geheimprojekts grünes Licht geben. Er belügt seine Leute und lässt sich von ihnen unsichtbar spritzen. Umgekehrt funktioniert aber nicht so gut wie beim Gorilla, und während sein Team fieberhaft das Serum auf menschliche Gene zu trimmen versucht, lernt der Doktor seinen neuen Zustand schätzen. Was ihn zuvor als halbwegs charmanten Egomanen, Macho und Zyniker auszeichnete, lässt seine "Tarnkappe" nun rasch in Mord und Vergewaltigung ausarten.

Nach der Halbzeit wird der Film problematisch. Als das Forscherteam, dem auch des Doktors hübsche Ex (Elisabeth Shue) angehört, den böse gewordenen Chef stoppen will, kommt es zum Showdown im hermetisch abgeriegelten Kosmos des Labors. Es ist die klassische "Alien"-Situation, inzeniert in den Stereotypen eines modernen B-Movies: Schleichen durch Korridore, Improvisieren von Waffen, systematische Dezimierung der Gruppe und gegen Ende viel Explosion und Dolby-Surround-Gedonner. Dabei hätte es das Filmthema gar nicht nötig, sich mit Pyromanie aufzuplustern. Die Unsichtbarkeit selbst, die unerschöpflichen situativen Möglichkeiten des Motivs, die Versuchung des Bösen, all das wäre bei weitem interessant genug und kann unter all den Feuerbällen eigentlich nur leiden. Schlimmer wirken sich aber die logischen Unstimmigkeiten aus. Die kleinen wollen wir Ihrem Spürsinn überlassen. Die Grosse ist aber die, auf welche sich Verhoeven im Interview selber beruft und die auf eine Spekulation Platos zurückgeht: Wären wir unsichtbar, so würden wir zu Verbrechern, weil uns niemand erwischen kann. Es ist aber durchaus nicht einzusehen, warum ein so brillianter Kopf und gerissener Taktiker so unbedacht drauflos delinquieren sollte, wie es Cane tut. Immerhin ist er der einzige unsichtbare Mensch auf der Welt, ein Dutzend Leute wissen das, und wer als Unsichtbarer Frauen vergewaltigt und Männer im Swimmingpool (!) ertränkt, sollte bedenken, dass er damit ziemliches Aufsehen erregt.

Bemerkenswert ist immerhin, wie Verhoeven seinen Mann zunächst quasi als Identifikationsfigur einführt, dann aber unmerklich ins Böse kippen lässt, ohne dem Publikum dabei moralischen Beistand zu leisten. Er stellt uns damit vor das Dilemma, uns entweder auf die Seite der farblosen Nebenfiguren zu schlagen, oder aber zu ihm zu halten, Bosheit hin oder her. Das Festival-Publikum in Locarno tat offenbar weder das eine noch das andere: Sie pfiffen auf der Piazza den Film und den Regisseur aus. Als wir Verhoeven fragten, ob er seinen Film für ebenso provokativ halte wie "Basic Instinct", "Showgirls" oder "Starship Troopers", antwortete er ohne zu zögern: "Nein. Hollow Man ist Mainstream."

19.02.2021

3

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Kommentare

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movie world filip

vor 13 Jahren

guter bacon und sexy shue - gute coiffeur; die special effects sind cool


christianhasler

vor 23 Jahren

Dieser Film ist Horror pur!


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