News8. Februar 2019

Berlinale 2019: «Monos» ist ein ungezähmtes Biest von einem Film

Berlinale 2019: «Monos» ist ein ungezähmtes Biest von einem Film
© Berlinale 2019

Berlin ist vom 7. bis zum 17. Februar im Filmfieber: Zum 69. Mal geht diese Tage in der deutschen Hauptstadt die Berlinale über die Bühne. Bei uns gibt es laufend Kritiken zu den Filmen im Wettbewerb sowie ausser Konkurrenz.

Filmkritiken von Cornelis Hähnel aus Berlin

La paranza dei bambini | Wettbewerb

© Berlinale 2019

Italien – das ist Dolce Vita, Pasta und „La Strada“. Egal ob Wissenschaft, Malerei, Oper, Kulinarik, Mode oder eben Kino, kaum ein anderes europäisches Land hat über Jahrhunderte so erfolgreich die westliche Kultur geprägt und Sehnsuchtsorte geschaffen. Zugleich gibt es eine dunkle Seite, die weltberühmt ist: die Mafia. Von «Der Pate» über «Sopranos» bis zu «Gomorrha», die Faszination über das organisierte Verbrechen ist ungebrochen. Und auch im diesjährigen Berlinale-Wettbewerb treibt die Mafia auf der Leinwand ihr Unwesen.

«La paranza dei bambini» erzählt von einer orientierungslosen Jugendgang, die wie selbstverständlich in die Mühlen der Gewalt und der Kriminalität gerät. Regisseur Claudio Giovannesi zeichnet dabei das Bild einer Gesellschaft, in der das organisierte Verbrechen tief in der Alltagsstruktur verankert ist. Mit seinem guten Erzählrhythmus und wirklich überzeugenden Laiendarstellern hält der Film durchweg seine Spannung und macht deutlich, wie sich dieses System seit Ewigkeiten selbst erhält – und zu welchem Preis.

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Monos | Panorama

© Berlinale 2019

Nicht nur im Wettbewerb der Berlinale gibt es spannende Filme zu entdecken, auch in den Nebensektionen laufen überraschende und aussergewöhnliche Produktionen, die es wert sind, gesehen zu werden. Definitiv in diese Kategorie gehört «Monos» von Regisseur Alejandro Landes.

Lose basierend auf dem Literaturklassiker «Herr der Fliegen» und mit Elementen des Kriegsfilmes verdichtet präsentiert sich «Monos» als ungezähmtes Biest von einem Film, das furchtlos über die Leinwand jagt. Die nebelgeschwängerte Berglandschaft Kolumbiens ist dabei ebenso undurchsichtig wie die Protagonisten. Und im Dickicht des Dschungels zieht sich auch die Narration immer mehr zurück, es geht plötzlich ums pure Überleben und mündet in einem fieberhaften cineastischen Bilderrausch.

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Mid90s | Panorama

© Berlinale 2019

Wenn Schauspieler hinter die Kamera wechseln, ist oftmals Skepsis angesagt, denn nicht immer deckt sich das mimische mit dem inszenatorischen Talent. Schauspieler Jonah Hill ist jedoch einer, dem der Sprung auf den Regiestuhl mühelos gelingt, wie er nun mit «Mid90s» beweist.

Sein Regiedebüt erweckt ohne alberne Tamagotchi-Keule den Look und das Lebensgefühl der 1990er-Jahre wieder zum Leben. Mit viel Gefühl für die Substanz der Epoche und einem authentischen Blick auf die damalige Skaterszene entsteht so ein unaufgeregtes und ernsthaftes Bild dieser Epoche. Dank einem Hauch sentimentaler Sehnsucht ist «Mid90s» ein gelungenes Coming-of-Age-Drama, ein präzises Generationenporträt und eine Liebeserklärung an eine Subkultur geworden.

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Grâce à Dieu | Wettbewerb

© Berlinale 2019

Der französische Regisseur François Ozon ist Dauergast auf der Berlinale, bereits vier Mal waren seine Filme im Wettbewerb zu sehen, zuletzt war er 2009 mit der Fantasy-Parabel «Ricky» in Berlin. Zehn Jahre später kehrt er nun mit dem fesselnden Missbrauchsdrama «Grâce à Dieu» zurück.

Das Missbrauchsdrama basiert auf einem realen Fall aus Frankreich, dessen Verfahren noch immer anhängig ist. François Ozon konzentriert sich dabei auf die Opfer und die Spätfolgen der Taten. Episodenhaft wandert der Film von einem Betroffenen zum nächsten, bis das erschreckende Ausmass von Versagen und Vertuschen innerhalb der Institution Kirche mehr als deutlich wird. Dies geschieht mit fast sachlicher Präzision, wodurch der Film zu einem bewegenden Protokoll des Leidens wird.

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Der Goldene Handschuh | Wettbewerb

© Warner Brothers Switzerland

Es ist vielleicht der mit am meisten Spannung erwartete Film des diesjährigen Berlinale-Wettbewerbs: «Der Goldene Handschuh» von Fatih Akin. Nach dem Goldenen Bären 2004 für «Gegen die Wand» und dem Golden Globe im letzten Jahr für «Aus dem Nichts» sind nun alle Augen auf den deutsch-türkischen Regisseur gerichtet – und der gibt diesmal alles dafür, dass man lieber wegschauen möchte.

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The Kindness of Strangers | Eröffnungsfilm

© IMDB

Mit «Italienisch für Anfänger» gelang der dänischen Regisseurin Lone Scherfig der internationale Durchbruch. Die Tragikomödie wurde auf der Berlinale 2001 mit dem Preis der Jury ausgezeichnet – damals war es das letzte Festival des damaligen Leiters Moritz van Hadeln. Jetzt, im letzten Jahr von Dieter Kosslick, eröffnete Lone Scherfigs neuer Film «The Kindness of Strangers» die Internationalen Filmfestspiele von Berlin.

Der Film wirkt auf den ersten Blick wie eine soziale Tragikomödie, entwickelt sich aber rasch zu einem modernen, romantischen Grossstadtmärchen. Denn auch wenn der Ausgangspunkt düster ist, über den Strassen von New York liegt hier ein märchenhafter Zauber. Doch die grossen Emotionen kommen leider zu kurz, was zum Teil an den eindimensional gezeichneten Figuren liegt, denen es an Tiefe mangelt. Und so schöpft das Drama sein Potential überhaupt nicht aus.

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